Dennis Feddersen’s mighty wooden structure sets the tone for the exhibition, nature growing rampant in the form of intertwining knots of wood. In the “Secret Garden“, tangles of vines from an imaginary jungle take over the civilised, sheltered interior of the gallery. Deliberately exposed to humidity and covered in earth, the material is mottled with dark patches, exuding a smell of organic processes and the forest floor. The show stages the invasive moment of a foreign, uncontrollable mass penetrating a confined space – a central part of Feddersen’s oeuvre.
Gardens tame the wilderness. From time to time, however, tangles of weeds, wild animals and grasses take over enclosed areas once again. Nature and culture collide. Dennis Feddersen examines the moment in which emotions overwhelm reason in extreme situations. Civilised thinking gives way to primitive drives, passion and rage dominate. Just as the wild fox skulks around the homely garden at night, these drives lie dormant within us, stepping out of the shadows at the opportune moment. This sense of menace is palpable in Feddersen’s photographs. One work depicts an outstretched hand holding a withered plant in a “reversal of Tistou“. Instead of helping everything to grow and blossom with its “green thumbs“, as the protagonist of Maurice Druon’s children’s book does, this hand only yields wilted flowers, denounced like the repressed memories that dwell in the subconscious and influence our thoughts and actions. Another image shows a body with an earthen structure bursting asunder on its shoulders instead of a head in which the viewer imagines they see faces. The clay structure refers back to the wooden installation occupying the same space, as does the motif of explosion, the sense of material expanding forcefully into the space that surrounds it. The formal language employed here is characteristic for Feddersen and can be seen in earlier works too.
A further photograph shows the back of a man in a bathtub – it is not clear whether or not he is alive from the image. The bath is filled with milk, the clear surface arresting the scene, just as amber conserves blossoms forever. The title of the work – “Amber Marat“ – clearly references Jacques-Louis David’s “Death of Marat“. The original painting depicts a stabbed man in the bathtub, taken by surprise by his murderess at the very moment he thought he could relax. A wall expansively painted with black ink forms the centre of Feddersen’s exhibition. Reminiscent of a Chinese landscape painting where the ink has run in the rain, it subtly plays with the disappearance and reemergence of the garden motif. On the wall also hangs a photograph of a man bending protectively over an egg made of clay, as if in an attempt to shield it from the fragile possibility of a new beginning.
Here the positive side of Feddersen’s “Secret Garden“ surfaces – gardens are also nurturing spaces where things blossom and flourish. The title of the exhibition alludes to the eponymous book by Frances Hodgson Burnett where humans find back to themselves in a secret garden – the site of regeneration and new beginnings. Eros and Thanatos, blossoming and wilting, nature and civilization. These are the opposites that Feddersen unites in his garden. “Whoever enters the gardens of the human encounters the powerful layers of orderly internal and external actions” writes Peter Sloterdijk in “You must change your life“. If you leave the protected space you put yourself in danger. But you also might find the way back to yourself.
Text by Maja Hoock / 2016
Translated by Katja Taylor
Die Natur wuchert in Gestalt eines mächtigen Holzgeflechts in den Raum: Dennis Feddersens hölzerne Knoten eröffnen die Ausstellung programmatisch. Im “Secret Garden“ winden sich die mit Erde und Feuchtigkeit bearbeiteten Schlingen aus einer imaginären Wildnis in den zivilisierten, geschützten Innenraum. Der natürliche Prozess der gezielten Verwitterung hat das Material mit dunklen Flecken überzogen; es verströmt einen Geruch nach organischen Prozessen, nach Waldboden. Das invasive Moment des Eindringens einer fremden, unkontrollierbaren Masse in abgegrenzte Umgebungen ist zentral im Oeuvre Feddersens und wird in seiner aktuellen Ausstellung vor dem Hintergrund eines “geheimen Gartens“ inszeniert.
Gärten zähmen die wilde Natur. Hin und wieder erobert sich jedoch das Ursprüngliche die umfriedeten Bezirke zurück und gewinnt in Form von wuchernden Unkräutern, wilden Tieren und Gräsern die Oberhand. Natur und Kultur prallen aufeinander. Feddersen untersucht den Augenblick, in dem Emotionen in existentiellen Ausnahmesituationen den Verstand überwuchern und das zivilisierte Denken zurück ins Triebhafte werfen. Lust und Wut übernehmen die Kontrolle. Wie der wilde Fuchs im heimischen Garten lauern diese im Verborgenen, um dann im Dunkeln hervorzutreten. Dieses bedrohliche Element ist in einem Teil von Feddersens Fotoarbeiten präsent. So verdorrt in der ausgestreckten Hand die Pflanze wie bei einem “umgekehrten Tistou“. Anstatt alles durch seinen “grünen Daumen“ erblühen zu lassen, wie es der Protagonist im Kinderbuch von Maurice Druon tut, entwächst dieser Hand nur Verdorrtes. Es wird weitergetragen wie verdrängte Erinnerungen, die im Unbewussten schwelen und Handlungen beeinflussen. Ein anderes Bild zeigt einen Körper, der statt des Kopfs ein zerberstendes Gebilde aus Ton auf den Schultern trägt. In dieser Struktur meint der Betrachter, Gesichter zu erkennen. Die Form des Tons greift die der Holzskulptur auf, die parallel als Installation den Raum bespielt – und das Motiv einer Explosion von Material, das sich von seinem Zentrum aus wuchernd in die Umgebung ausbreitet. Diese Formensprache ist charakteristisch für Feddersen und begegnet einem schon in früheren Arbeiten.
Auf einem anderen Foto ist der Rücken eines Mannes in der Badewanne zu sehen, von dem man nicht weiß, ob er noch lebt. Sie ist gefüllt mit Milch und die luzide Oberfläche schließt die Szene ein, wie Bernstein Blüten für die Ewigkeit konserviert. “Amber Marat“ ist der Titel dieser Arbeit, in Anlehnung an das Gemälde “Tod des Marat“ von Jacques-Louis David. Es zeigt den Erdolchten in der Wanne, der genau dann von seiner Mörderin überrascht wurde, als er glaubte, sich entspannen zu können. Eine mit schwarzer Tinte großflächig bemalte Wand bildet das Zentrum der Ausstellung. Sie erinnert an eine im Regen verlaufene chinesische Landschaftsmalerei und spielt damit subtil auf das Rezipieren und Verschwinden des Motivs Garten an. Darauf findet sich das Foto eines Mannes, der sich schützend über ein Ei aus Ton beugt, als würde er versuchen, die zerbrechliche Möglichkeit eines Neuanfangs zu schützen.
An dieser Stelle dringt das positive Element von Feddersens “Secret Garden“ zutage: Der Garten ist eben auch ein geschützter Raum, in dem etwas blüht und gedeiht. Darauf spielt der Titel der Ausstellung an: In dem gleichnamigen Buch von Frances Hodgson Burnett finden im geheimen Garten die Menschen wieder zu sich. Es ist ein Ort der Regeneration und des Neubeginns. Eros und Thanatos, Blühen und Verdorren, Natur und Zivilisation. Das sind die Gegensätze, die Feddersen in seinem Garten vereint. “Wer die Gärten des Menschlichen betritt, stößt auf die mächtigen Schichten geregelter Handlungen“, schreibt Peter Sloterdijk in “Du musst Dein Leben ändern“. Verlässt man diesen geschützten Raum, kann man zu Schaden kommen. Oder man findet im gefährlichen Territorium doch noch zu sich.
Text Maja Hoock / 2016